Sommersemester 2021
Seminar:
Philosophie der Religion
Religionen sind – soweit wir wissen – die ältesten institutionalisierten Formen sozialer Praxis. Sie organisieren gleichermaßen die Verhaltensweisen von Personen innerhalb einer Gemeinschaft und die narrative Ausgestaltung von Transzendenz. Konflikte mit und in Religionen treten auf, wenn die interne und externe Perspektive „kurzgeschlossen“ und aus der Transzendenz Anweisungen für Personen abgeleitet werden. Zudem erzeugen Religionen Weltbilder und Weltanschauungen, auf die philosophische und naturwissenschaftliche Methoden allenfalls unter kritischen Vorzeichen anwendbar zu sein scheinen. Dies ist der Grund für den großen Anteil der Religionskritik in der Philosophie der Religion.
Das inhaltliche Spektrum von Religionen und religiösen Praktiken ist weit gefächert und lässt sich keineswegs auf den Glauben an Gott oder Götter reduzieren. Philosophische Auseinandersetzungen mit Religionen sind entsprechend überaus voraussetzungsreich und müssen methodische Anleihen in nahezu allen Disziplinen der Philosophie machen – das gilt vor allem für die Erkenntnistheorie, philosophische Anthropologie und Ethik sowie für die Sozial- und Kulturphilosophie.
Thematische Schwerpunkte der Veranstaltung sind religiöse Erfahrung, Religion als institutionelle Praxis, der Gottesbegriff, religiöse Naturverhältnisse, Offenbarung, Endlichkeit, Unsterblichkeit, natürliche Religion sowie das Verhältnis von Wissenschaft und Religion. Es werden unter anderem Texte von Spinoza, Rousseau, Hegel, William James, Richard Swinburne, Charles Taylor, Daniel Dennett, Alvin Plantinga und Ronald Dworkin behandelt. Zum Abschluss der Veranstaltung sollen die Grundzüge einer Philosophie der Religion entwickelt werden, die jenseits von Dogmatismus und Eliminativismus Zugänge zu rechtfertigungsfähigen Umgangsweisen mit Transzendenz, Endlichkeit und institutionalisierten Formen von Gemeinschaft eröffnet.
Seit ihren Anfängen ist die menschliche Geschichte durch nicht bewältigte Herausforderungen sozialer Ungerechtigkeit gekennzeichnet. In der Klimakrise weitet sich dieses Ungerechtigkeitssyndrom auf dramatische Weise aus. Die mit kapitalistischen Produktionsweisen einhergehenden Schädigungen der lebensfreundlichen Korridore des Erdklimas haben im globalen Maßstab Zerstörungen von Umwelt und Lebensformen verursacht, die sich unmittelbar auf die humane Lebensform auswirken.
Die Klimakrise stellt eine besondere Herausforderung für die Theorie der Gerechtigkeit dar. Konzeptionell wie praktisch muss sie mit den unterschiedlichsten ökonomischen, ökologischen und sozialen Situationen umgehen. Überdies hat sie dabei auf kontextsensitive Weise Verursachung, Verantwortung und Handlungsfolgen in einen rechtfertigungsfähigen Zusammenhang zu bringen. Von klimagerechten Zuständen kann denn auch erst die Rede sein, wenn die verschiedenen Formen von ökonomischen Begünstigungen und Benachteiligungen auf lokal und global differenzierte Weise in Rechnung gestellt werden.
In dem Seminar werden zunächst die Grundzüge einer Theorie der Gerechtigkeit unter besonderer Berücksichtigung der Begriffe des Selbstinteresses, der Gegenseitigkeit, der Verantwortung und der Verursachung entwickelt. Daran anschließend wird das spezifische Profil der philosophischen Theorie der Klimagerechtigkeit vor dem Hintergrund aktueller Debatten und Problemstellungen herausgearbeitet. Thematische Schwerpunkte liegen unter anderem auf intergenerationeller und intragenerationeller Gerechtigkeit, politischer Partizipation, Geschlechtergerechtigkeit, Armutsbekämpfung sowie indigenen Lebensweisen in der Vergangenheit und Gegenwart.
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist nur nach persönlicher Anmeldung während der Sprechstundenzeiten möglich.